Hach ja. Die Schwermut kann echt schöne Geschichten erzählen. Jeff Lemire auch. Und zeichnen. Zeichnen macht er hier auch selbst. Ganz eigenwillig, ganz in schwarz/weiß mit kantigem Strich und weich getuschten Grautönen.
Drama
Lisa McInerney – Glorreiche Ketzereien
Lisa McInerney hätte auch nur die Geschichte von Ryan erzählen können. Dem Jungen aus der Sozialbausiedlung in Cork, wobei die Sozialbausiedlung hier immerhin aus kleinen Reihenhäuschen besteht und keine einwohnerstarke Plattenbausiedlung à la Berlin-Gropiusstadt ist. Und ein Klavier hatte dort, bis der Vater es verkaufte, auch Platz. Das hätte es in der Gropiusstadt auch nicht gegeben. Aber dennoch, es sind bescheidene Verhältnisse. Zudem die Mutter verstorben, der Vater ein Trinker, 5 jüngere Geschwister.
Ryan ist 15, als der Roman beginnt, gerade mit seiner ersten großen Liebe Karine auf dem Weg zum ersten gemeinsamen Koitus. Dann ist er 16, sein Vater schlägt ihn, er dealt, wird mit Koks erwischt. Ryan wird 17, 18, 19, er wird Knacki, Dealer, DJ und Player. Und ist eigentlich am Ende doch nur der nette Junge, der schon mit 21 alles hätte anders machen können.
Jeff Lemire/Dean Ormston – Black Hammer: Vergessene Helden
»Black Hammer« ist genau der richtige Comic für all diejenigen, die eigentlich gar keine Superhelden-Comics mögen. Und, und das ist großes Kino, »Black Hammer« ist auch genau der richtige Comic für all diejenigen, die Superhelden-Comics lieben. Das klingt, als wolle man zwanghaft entgegengesetzte Pole zusammenbringen, aber eigentlich ist es viel einfacher. Klischees raus, Lemire rein und fertig ist die Laube.
Denn Jeff Lemires Geschichten ticken auf eine ganz eigene Art, sie haben eine ganz eigene Grundstimmung, die irgendwo zwischen Ruhe und Melancholie und Kreativität etwas ausstrahlt, das echt einen ganz eigenen Zauber entwickelt. Es ist überhaupt nicht verwunderlich und absolut wünschenswert und beruhigend, dass ein Künstler wie Jeff Lemire inzwischen zu den angesagtesten Comickreativen dieser Tage gehört. Was ich bisher von ihm gesehen und gelesen habe (fürs Protokoll waren das seine Autorencomics »Geschichten vom Land« und »Der Unterwasser-Schweißer« sowie einige seiner Arbeiten für die großen Häuser Marvel und DC und beeindruckt haben mich hier besonders die beiden erstgenannten, ich meine, wow, wie großartig!) war so große Klasse, dass ich die Welt noch weniger verstehen würde, wenn es anders wäre.