Neil Gaiman – Sandman #1: Präludien und Notturni

Er ist der Herr der Träume, er heißt Dream, Morpheus, er ist der Sandmann. Im Jahre 1916 wird er gefangen genommen, beschworen von einem Magier, der eigentlich den Tod bannen wollte. Stattdessen erwischt er den kleinen Bruder, den Gebieter über das Traumreich. Der Magier hält Dream Jahrzehnt um Jahrzehnt in einer Kristallkugel fest. Hinter Glas gesperrt und seiner Insignien beraubt, kann er nur ausharren, bis einer seiner Wächter nachlässig wird.

 

Der Herr der Träume

Im Jahr 1988 dann kann sich Dream endlich befreien. Doch in seiner Abwesenheit zerfiel sein Reich, ohne seinen König verwahrloste die Welt der Nachtmahre und seine Insignien, seine Werkzeuge, die er zum Herrschen braucht, wurden während seiner Gefangenschaft in alle Winde zerstreut. Ein Helm, ein Beutel voll Sand, der Traumstein. Dream muss sie wiedererlangen. Seine Suche führt ihn nach London zu dem okkulten Detektiv John Constantine, in die Hölle zu Lord Luzifer und zu einem Entflohenen aus der Psychiatrie Arkham Asylum.

Und das klingt alles erstmal schrecklich banal, ist es aber nicht. In den ersten 8 Kapiteln der Sandman-Saga, die im Band »Präludien & Notturni« vereint sind, beginnt etwas, das sich im Laufe der Zeit zu einem der wichtigsten Comicwerke der jüngeren graphischen Literatur entwickeln wird. Ich denke nicht, dass ich das zu würdigen wusste, als ich die Comics mit 14, 15 Jahren gelesen habe. Damals war es für mich einfach eine wunderbar düstere, durch die Figur des Dream auch dunkelromantische und in jeder Hinsicht gruselige Geschichte, die in einer Mischung aus Phantastik, Märchen und Horror genau meinen Vorstellungen einer Schauergeschichte entsprach.

 

Mythen und Fantasie

Auch heute ist sie eigentlich noch genau das für mich, allein ihren Stellenwert als komplexe und anspruchsvolle Comicliteratur sehe ich heute erst. Die Geschichte um den Sandman, einen der Ewigen, einen alten Gott, ist voll von Mythologie und Fantasie. Sie ist gespickt mit literarischen und popkulturellen Reminiszenzen, entwickelt sich hier in seinem Auftakt noch mit der Polsterung einiger Figuren des DC-Universums, bringt aber schon das Potential mit, darüber hinaus eine Eigenständigkeit zu entwickeln, die vor allem aus der Idee selbst, aus der Fülle an Stoffen, auf denen diese Idee baut, schöpfen kann.

Und obwohl man immer wieder liest, dass die Geschichte hier noch in den Kinderschuhen steckt, ist sie an diesem Punkt schon so großartig, wie es andere nie sein werden.

 

01 – © Panini Comics
02 – © Panini Comics
03 – © Panini Comics

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schauermärchen

Ganz oben auf dem Titelbild zu diesem Beitrag sind zwei verschiedene Ausgaben abgebildet. Linksseitig ist die normale Paperback-Ausgabe zu sehen, rechtsseitig die Hardcover-Deluxe-Edition, die gerade frisch aufgelegt wurde. Als Paperbacks liegen bereits alle zehn Bände der Sandman-Saga vor, in der Deluxe-Version erscheint dieser Tage der zweite Band »Das Puppenhaus«, mit Band Nummer drei ist vermutlich im April 2018 zu rechnen.

Für mich war der Start der Deluxe-Ausgaben Grund, die Reihe erneut und dieses Mal komplett zu lesen und herrje, wie sehr freue ich mich nun auf jeden weiteren Band. Neben dem schauermärchenhaften Charakter der Story und natürlich der Figur des Dream habe ich auch eine ausgesprochene Schwäche für den Zeichenstil, den ich aus heutiger Sicht als »old-school« bezeichnen würde und dies aber mit aller Hochachtung und voller Zuneigung tue, denn genau diese Art der Strichführung mag ich so gern, sie gibt einem ein heimeliges Comic-Gefühl und ist gleichzeitig liebevoll und schaurig und insgesamt einfach sehr stimmungsvoll.

 

Fazit:

Der Sandmann ist eine Figur, die nicht nur mein schwarz-romantisches Herz anrührt, sondern dessen Geschichten auch gleichzeitig meine kleine literarische Seele nähren und auch wenn das fürchterlich pathetisch klingt – und als Fazit für den ersten Band etwas vorgegriffen scheint – so ist Neil Gaimans Sandman-Saga doch etwas, das auf sehr vielen Ebenen sehr viel Freude bereitet.

 

 


© Panini Comics

Neil Gaiman – Sandman: Präludien & Notturni

OT: »The Sandman: Preludes and Nocturnes« (1989)

Autor: Neil Gaiman

Zeichner: Mike Dringenberg, Sam Kieth, Malcolm Jones III

Übersetzung: Gerlinde Althoff

Panini Comics | Hardcover | 252 Seiten | 29,90 EUR

Reihe: Sandman #01

 

 

2 Kommentare zu “Neil Gaiman – Sandman #1: Präludien und Notturni

  • 26. Dezember 2017 at 15:03
    Permalink

    Eine meiner liebsten Comicreihen überhaupt von einem meiner liebsten Autoren. Wenn ich mich richtig erinnere wurde ich durch Sandman zum Neil Gaiman-Fan. Ich habe noch gar nicht alle Bände gelesen, habe aber die meisten hier stehen und sollte da mal wieder ran … Du hast mir gerade wieder richtig Lust drauf gemacht.

    Und an alle: Lest Sandman! Es lohnt sich.

    Liebe Grüße,
    Sandra

    Reply
    • 26. Dezember 2017 at 15:26
      Permalink

      Das war bei mir auch so. Habe dann aber erst sehr spät mit “Coraline” angefangen, auch mal einen seiner Romane zu lesen. Von den Sandman-Comics habe ich auch nie alle Hefte gelesen, eben nur das, was in der Bücherei mal da war. Und jetzt nochmal in aller Ruhe und Aufmerksamkeit die Reihe zu lesen, das ist schon echt schön, ein wahrer Genuss. 🙂 Freut mich sehr, wenn ich dich damit anstecken kann, ich glaube, den Sandman kann man sowieso immer wieder lesen.

      Viele liebe Grüße und danke für deinen Kommentar! 🙂

      Reply

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