Kriminell Gelesenes im Mai 20.18

Banner Kriminell Gelesenes Martin Krists Krimikritik

In seiner Gast-Kolumne »Kriminell Gelesenes« schreibt der Berliner Thriller-Autor Martin Krist hier regelmäßig über seine aktuelle Lektüre. Und auch am Ende dieses Monats zieht er Bilanz. Was war im Mail sein Lieblingsbuch – oder welches Buch hätte er lieber nicht gelesen?

Dieses Mal mit: Aidan Truhen – Fuck you very much


© Suhrkamp Verlag

Aidan Truhen – Fuck you very much

Wenn ein Buch mit einem solchen Cover so schon anfängt:

»Das hier bin ich, bevor alles losgeht. Ich bin es, der aus meiner Wohnung tritt und durch den Gang zum Lift geht und leise ein Liedchen vor sich hin singt. Nein, ich hab keine Ahnung, welches, falls wer fragt. Und das hier bin ich im Aufzug, nur singe ich jetzt nicht mehr, weil: Fahrstuhlmusik reicht. Ich bin’s, der den Knopf drückt, in der Hand meine High-End-Schnabeltasse-to-go mit handgepflücktem biodynamischem Honig-Meersalz-Roibuschtee drin. Alles trallala, alles wie immer, mein normales Tagesbeginn.«

Dann kann das entweder nur großer Trash sein. Oder der Thriller des Jahres. Wahrscheinlich ist es beides.

Natürlich geht der Geschichte von Jack Price, einem ehemaligen Kaffeegroßhändler, der auf Kokaingroßhändler umgesattelt hat, jeder Realismus ab. Als er nach dem Mord an seiner alten, schrägen Nachbarin herauszufinden versucht, ob nicht möglicherweise er das Opfer hätte sein sollen, erklären die »Seven Demons«, die größten, durchgeknalltesten Verbrecher der Welt, ihn tatsächlich zum Freiwild.

Weil Autor Aidan Truhen diese Jagd konsequent in seiner saloppen, mal hinreißend pointierten, mal hemmungslos rotzigen Sprache erzählt, schafft er, bei aller Absurdität der Ereignisse, eine Ernsthaftigkeit, die um Jack Price fiebern lässt.

»Es geht aufs Ende zu. Es kommt näher. Die Sache läuft. Der Sack wird zugemacht. Außer meinem, der ist immer noch ziemlich elektrisiert. Danke der Nachfrage.«

Klingt paradox, ist es aber nicht. Muss man einfach gelesen haben.

 

Aidan Truhen – Fuck you very much | Suhrkamp 2018 | Euro 14,95

 

 

© Text verfasst von Martin Krist


Autor Martin Krist schwarz/weiß

Der Autor dieser Kolumne:

Martin Krist, geboren 1971, lebt als Schriftsteller in Berlin. Er arbeitete viele Jahre als leitender Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften. Seit 1997 ist er als Schriftsteller tätig. Nach mehr als 30 Sachbüchern, darunter die Biografie über die Hamburger Kiez-Ikone Tattoo-Theo, die Punk-Diva Nina Hagen, den Rap-Rüpel Sido und die Grunge-Ikone Kurt Cobain, schreibt er seit 2005 Krimis und Thriller.

www.martin-krist.de

 

 

5 Kommentare zu “Kriminell Gelesenes im Mai 20.18

  • 28. Mai 2018 at 13:52
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    Das ist so ein Buch, welches ich mir in der Biblio ausleihen würde. Man ist neugierig, weil so viele darüber reden und gleichzeitig aus skeptisch 😛

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    • 28. Mai 2018 at 15:56
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      Ich finde den Titel schon ziemlich genial. Das rührt etwas in mir an. 😀 Aber trotzdem, der Klappentext hat mich auch nicht so richtig gekriegt. Und siehste mal wie uninformiert ich dieser Tage wieder unterwegs bin, ich habe noch keine Menschenseele darüber reden hören/schreiben sehen. Tz, tz.

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  • 3. Juni 2018 at 15:47
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    Tja, dieser Titel, dieses Cover und dann dieser Klappentext … dieser Mix hatte mich gepackt. Nun habe ich das Buch gelesen und bin total enttäuscht.
    Ja, es ist eigen und eigen zu sein, ist normalerweise gut. Aber das reicht mir einfach nicht, mir war es zu absurd, zu haarsträubend zusammengesetzt, zu sehr supermanstyle gegen den Rest der Welt, obwohl die anderen mehr auf den Kasten zu haben zu scheinen, tja, es kommt bei mir wohl gar nicht gut weg :-).
    Aber der Titel: ist klasse. Und das Cover.

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    • 14. Juni 2018 at 14:07
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      Mich hatten Cover und Titel in der Programmvorschau auch direkt angesprochen, aber ich wurde dann schon beim Klappentext zögerlich und finde jetzt in deiner Einschätzung eigentlich genau das bestätigt, was ich “befürchtet” hatte. Aber, der Titel ist klasse. Und das Cover. 😉

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