Falken jagen – Im Gespräch mit D.B. Blettenberg

Während man sich Fragen für ein Interview mit D.B. Blettenberg überlegt und dazu den Lebenslauf des Autors studiert, kann man sich schnell sehr unwissend und sehr grün hinter den Ohren fühlen. Zumindest erging mir das so. Ein solch bewegter und weitgereister Lebensweg ist beeindruckend, faszinierend und bemerkenswert.

 

Hinaus in die Welt

Detlef Bernd Blettenberg wurde 1949 im Westerwald geboren, hatte eine einfache Kindheit und absolvierte nach der Volksschule und dem Gymnasium eine Lehre zum Technischen Zeichner im Maschinenbau. Er leistete seinen Wehrdienst, ging als Bordfunker zur See und arbeitete dann in seinem erlernten Beruf. Aber dann kommt es: Anfang der 70er Jahre der Schritt in die internationale Entwicklungszusammenarbeit und hinaus in die weite Welt. Es folgen Aufenthalte als Entwicklungshelfer in Ecuador in den 70ern und als Beauftragter des Deutschen Entwicklungsdienstes in Thailand in den 80ern. In den 90er Jahren dann in Nicaragua und zu Beginn der 2000er in Ghana. Er war regelmäßig in Afrika, Asien, Lateinamerika und Arabien tätig. Seit Anfang der 80er Jahre schreibt er außerdem, vor allem Romane. Heute lebt D.B. Blettenberg wechselnd in Berlin und auf einer griechischen Insel.

Was man in all diesen Jahren an so vielen Orten mit so vielen Menschen alles erlebt und an Erfahrungen und Erkenntnissen gesammelt haben muss, kann ich nur grob erahnen. Und es lässt mich Detlef Bernd Blettenberg mit großem Respekt und sehr viel Neugier begegnen, weshalb es mir ein besonderes Vergnügen war, ihm für diese Blogtour einige Fragen stellen zu dürfen. Leider war uns aus zeitlichen Gründen (allein mea culpa) ein persönliches Treffen nicht möglich, sodass ich Herrn Blettenberg per Mail einige Fragen zukommen ließ, die und deren Antworten ihr nun im Folgenden lesen könnt. Viel Spaß dabei!

 

D. B. Blettenberg, © Fotostudio Neukölln

Nach »Farang« 1988 und »Berlin Fidschitown« 2003 ist in diesem Jahr mit »Falken jagen« der dritte Roman um Ihren Protagonisten Surasak »Farang« Meier erschienen. Was zieht Sie nach all den Jahren immer wieder zu dieser Figur zurück?

Ich hatte die Figur Farang ursprünglich nur für einen Roman konzipiert, bin jedoch sowohl bei »Berlin Fidschitown« als auch bei »Falken jagen« zu dem Schluss gekommen, dass sich die asiatischen Themen, die mir am Herzen lagen — zum einen die Vietnamesen in Berlin nach dem Fall der Mauer und zum anderen ein Grieche am siamesischen Königshof — sich aus einem eurasischen Blickwinkel besser erzählen lassen als mit einem rein deutschen.

 

Wie entstand damals die Idee zu der Figur?

Anfang der 1980er Jahre kam ich an der Bar des Auslandskorrespondentenklubs in Bangkok ins Gespräch mit dem regionalen Vertreter der Pearl S. Buck Foundation. Die Stiftung der Literaturnobelpreisträgerin kümmerte sich um Mischlingskinder, sogenannte Ameroasiens, Früchte des Vietnamkrieges, die von thailändischen Prostituierten und US-amerikanischen Soldaten abstammten. Letztere verbrachten ihren Fronturlaub meist in Bangkok und Pattaya. Was ich an jenem Abend hörte, brachte mich auf die Idee, die Geschichte eines Eurasiers zu erzählen, dessen Vater Deutscher ist.

 

Wie hat sich Farang über die Jahre verändert, was für ein Typ war er 1988 und wer ist er heute?

Farang ist älter geworden und aufgrund der Erfahrungen, die er gemacht hat, auch gelassener.

 

In »Falken jagen« erzählen Sie mit der groben Struktur eines Kriminalromans eine Geschichte über Rache und Identität. Für mich spielen dabei die geografische und die geschichtliche Komponente eine sehr bedeutende Rolle. Entspricht das auch in etwa Ihrer Intention, sind für Sie die Schauplätze und auch eine thematische Verortung ein zentraler Punkt in Ihren Romanen?

So ist es. Mich inspirieren Schauplätze und Themen. Sie motivieren mich zum Schreiben. Sie sind der Kern der Arbeit. Das dramaturgische Zubehör, also interessantes Personal, Dialoge, Aktion und einen spannenden Plot betrachte ich als kreatives Handwerk, das dazugehört. Ich schreibe zwar keine historischen Romane, aber die meisten meiner Bücher spielen im Hier und Jetzt und werden dabei im Subplot von Historischem unterfüttert. Meist werden die Protagonisten von scheinbar Vergangenem eingeholt.

 

Ihr Lebenslauf liest sich unglaublich beeindruckend. Sie haben seit den 1970er Jahren in den verschiedensten Ländern der Welt gearbeitet, waren im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit in Ecuador, Thailand, Nicaragua und Ghana tätig, haben darüber hinaus zahlreiche Länder bereist. Nicht wenige Ihrer Romane bilden diese Stationen Ihrer Arbeit nach. Glauben Sie, dass Sie auch ohne diese Arbeit und Ihre Erlebnisse zum Schreiben gefunden hätten oder hängt das unmittelbar zusammen?

Ohne diesen Lebensweg und den damit verbundenen Erlebnissen und gewonnenen Erfahrungen hätte ich keine der Geschichten, die ich zu Papier gebracht habe, erzählen können.

 

Auch wenn es vermutlich kaum möglich ist, dies festzumachen, aber mit welchem Ihrer Romane verbinden Sie die intensivsten Erinnerungen, welche Thematik hat Sie besonders beschäftigt?

Es gibt eine Thematik, die mich bewusst oder unbewusst beschäftigt hat. Sie ist nicht mit einem einzelnen Roman verbunden, sondern taucht häufiger auf. Sie betrifft Personen, die aufgrund ihrer Abstammung nicht nur einer einzigen Zivilisation oder Ethnie angehören, Grenzgänger zwischen Kulturen und Identitäten. Wie Farang und sein Partner Tony Rojana in »Farang«, »Berlin Fidschitown« und »Falken jagen«, Victor Voss in »Murnaus Vermächtnis« oder — sozusagen als Gegenentwurf — Daimler in »Harte Schnitte«.

 

Worauf legen Sie Wert, wenn Sie einen Roman schreiben, was ist Ihnen wichtig, bei den Lesenden auszulösen?

Ich hoffe, spannend zu unterhalten und die Lesenden dabei mit Orten und Sachverhalten bekannt zu machen, die sie so dargestellt noch nicht kennen.

 

Welchen Roman haben Sie zuletzt gelesen und wie fanden Sie ihn?

»Das gelbe Dossier« von M. Karagatsis. Ein Klassiker der griechischen Kriminalliteratur, der neu ins Deutsche übersetzt wurde. Ein komplexer Roman, der in Athen spielt und sich mit Leidenschaft und Intrigen im Kulturbetrieb, dem Finanzwesen und in der Industrie befasst. Hervorragende Charakterstudien in einem ganz eigenen und faktengeladenen Plot. Ein großer Wurf. Keine schnelle Lektüre für Zwischendurch.

 

Ihr Debüt »Weint nicht um mich in Quito« erschien 1981, seitdem haben Sie zahlreiche Bücher veröffentlicht und zahlreiche Preise dafür bekommen. Welche Beziehung haben Sie nach 37 Jahren im Geschäft zur Kriminalliteratur?

Mit der Prämierung des Manuskripts und der daraus resultierenden Veröffentlichung von »Weint nicht um mich in Quito« wurde ich sozusagen zum deutschsprachigen Kriminalautor ernannt. Nach meiner Auffassung hatte ich einen politischen Abenteuerroman abgeliefert. Ich war und bin vor allem von angelsächsischen Romanen beeinflusst, die Ross Thomas später einmal so treffend Abenteuer-Polit-Thriller nennen sollte. Hinzu kam und kommt, dass ich aufgrund meiner Lebensweise etwa die Hälfte meiner Lektüre im englischen und oft auch im spanischsprachigen Original lese. Das beeinflusst natürlich, sowohl bei der Auswahl, als auch stilistisch. Insofern sind die fast vier Jahrzehnte als Schriftsteller eher eine Kette von regelmäßigen Gastauftritten in der deutschen Kriminalliteratur.

 

Sofern Sie das schon sagen können und möchten, arbeiten Sie bereits an einem neuen Romanprojekt?

Das ist noch zu früh. Jedes veröffentlichte Buch ist ja wie ein neugeborenes Kind, und ich befinde mich derzeit noch im postnatalen Trauma.

 

 


Die Verlosung

Im Rahmen der Blogtour verlost der Pendragon Verlag drei Mal ein Exemplar von D.B. Blettenbergs »Falken jagen«. Um an der Verlosung teilzunehmen, müssen die TeilnehmerInnen ein Lösungswort bilden. Das Lösungswort findet sich in den fünf Blogbeiträgen zu der Tour. In jedem Beitrag findet sich ein fett gedruckter Buchstabe – das Lösungswort besteht also aus fünf Buchstaben.

Zur Teilnahme an der Verlosung muss das Lösungswort an presse@pendragon.de gesendet werden. Einsendeschluss ist der 30.11.2018 um 23.59 Uhr.

Die drei Gewinner werden aus allen Teilnehmern ausgelost. Nach der Auslosung werden die Gewinner per Mail benachrichtigt und um ihre Adressdaten gebeten. Die Adressdaten der Gewinner werden nur für den Versand benötigt und werden nicht an Dritte weitergegeben. Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mit der Teilnahme am Gewinnspiel erklärt Ihr euch mit diesen Bedingungen einverstanden.

Viel Glück!

 


Die Blogtour zu »Falken jagen« geht weiter:

Montag, 26.11. – KeJas-Blogbuch | Rezension zum Roman

Dienstag, 27.11. – Life4Books | Warum »der Falke« jagt

Mittwoch, 28.11. – diesen Beitrag lesen Sie gerade

Donnerstag, 29.11. – Leckere Kekse | Lesetagebuch

Freitag, 30.11. – Die dunklen Felle | 30 Jahre Krimigeschichte: Die Farang-Reihe

 

 

 

15 Kommentare zu “Falken jagen – Im Gespräch mit D.B. Blettenberg

  • 28. November 2018 at 8:13
    Permalink

    Ich find es immer spürbar, wenn ein Autor die Orte auch kennt, die er beschreibt. Es ist eine andere Form der Tiefe und das hat mir auch an dem Buch gefallen.
    Feines Interview!

    Reply
  • Pingback: Start der Blogtour - Falken jagen

  • 28. November 2018 at 10:03
    Permalink

    Ein sehr schönes Interview!
    Mit einem Interview bekommt man immer noch einen zweiten Einblick des Autors – das finde ich sehr bereichernd. Man merkt dem Interview auch überhaupt nicht an, dass es “nur” per Mail geführt wurde – es ist wirklich toll!

    Reply
    • 29. November 2018 at 12:45
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      Dankeschön, das freut mich! 🙂

      Ja, geht mir auch immer so, ein Interview gibt einem nochmal einen Blick auf den Autor, Stoff, Kontext, ich mag das auch immer sehr gern.

      Reply
  • 28. November 2018 at 17:40
    Permalink

    Schönes Interview! Es macht Spass die Fragen und Antworten zu lesen und erhellt mir noch ein paar Hintergründe.
    Viele Grüße
    Silvia

    Reply
    • 29. November 2018 at 12:46
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      Vielen Dank, das freut mich sehr zu hören! 🙂

      Reply
  • 28. November 2018 at 19:57
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    Wow…der Autor hatte ein bewegendes Leben und somit auch eine gute Vorlage für seine Bücher. Tolles Interview!
    Alles Liebe
    Martina

    Reply
    • 29. November 2018 at 12:48
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      Ich war und bin davon auch wirklich sehr beeindruckt. Und es ist klasse, dass man das als Leser dann in den Roman ein wenig nachverfolgen kann.

      Liebe Grüße zurück!

      Reply
  • 28. November 2018 at 21:52
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    Hui, schon der dritte Beitrag und auch diesen finde ich sehr gelungen. Wie weit der Autor gereist ist lässt sich wirklich aus dem Buch herauslesen. Er bringt die Gegenden immer schön mit in die Geschichte und mich interessieren gerade diese historischen Hintergründe immer sehr. Hier in Falken jagen hat er viel hineingepackt aber es wirkte mir kein Stück überladen. Ein ganz tolles Interview das du da gemacht hast.
    Liebe Grüße
    Kerstin

    Reply
    • 29. November 2018 at 12:55
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      Vielen, vielen Dank! 🙂

      Ich mag es auch sehr, wenn zeitgeschichtliche Themen verarbeitet werden und man da noch einmal einen anderen Zugang bekommt. Und wenn dann noch die Schauplätze den eigenen Horizont etwas aufbrechen, einem neue Dinge zeigen und einen weiter weg bringen, dann ist das schon eine tolle Kombination. 🙂

      Reply
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