In ihrer Kolumne »Miss Marples Krimitipps« schreibt die Buchhändlerin Cornelia Hüppe einmal im Monat ihre aktuellen Krimi-Empfehlungen nieder, erzählt, welche Autoren sie begeistert, welche Geschichten sie fasziniert haben.
Dieses Mal mit dabei: C. R. Neilson, China Miéville und Mark Douglas-Home.
C. R. Neilson – Das Walmesser
Miss Marple spürt gerne Krimis auf, die an ungewöhnlichen Orten spielen. Und die Färöer-Inseln sind bei der Fußball EM 2016 doch in aller Munde gewesen und machten neugierig und da kam mir dieser Färöer-Krimi gerade recht.
Der Autor ist ein Schotte, sein Protagonist John Callum ebenfalls. Callum zieht auf die Färöer, um seinem verkorksten Leben eine neue Chance zu geben und es zu ordnen, möglichst nicht mehr so viel zu trinken und ruhigere Wege zu gehen.
Doch Vorhaben sind nicht immer durchzusetzen, er stürzt bei einem Trinkgelage fürchterlich ab und wacht am nächsten Morgen auf einem Steinklotz im Ort auf, dummerweise mit einem blutigen Walmesser in seiner Tasche. Er kann sich an nichts mehr erinnern. Ihm ist schnell klar, es handelt sich nicht um sein Blut, er ist sich jedoch nicht sicher, ob er eventuell jemanden umgebracht hat. Vor allem als sich herausstellt, dass es gibt einen Toten auf der Insel gibt. Callum gerät natürlich sofort unter Mordverdacht und ermittelt auch auf eigene Faust, um herauszufinden was ihm widerfahren ist. Allerdings kann jeder Bewohner auch ein Mordverdächtiger sein, denn: Jeder Bewohner der Insel besitzt ein Walmesser, damit sie jederzeit ihr Walfleisch zerkleinern können.
Das Buch trägt in sich eine sehr schöne Ruhe, es gibt viele Beschreibungen über die karge Landschaft, die Krimihandlung baut sich auch eher gemächlicher auf, doch das passt und obwohl ich eher eine ungeduldige Leserin bin, hatte ich nie das Gefühl, ich will Passagen überspringen oder schnell blättern. Ich versank ganz in dieses Buch, ein Buch für diese Jahreszeit. Düster, still und etwas gruselig.
C. R. Neilson – Das Walmesser | Heyne Verlag | Euro 14,99
China Miévielle – Dieser Volkszähler
Dieses schmale Buch las ich und hätte am liebsten gleich wieder von vorne angefangen und ich glaube, ich lese es bald ein zweites Mal. »Dieser Volkszähler« ist wieder ein Beweis dafür, dass der Krimi selbstverständlich in einem Atemzug mit dem Begriff Literatur genannt werden kann und auch diese Trennung nicht so streng vorgenommen werden muss. Was mich sowieso immer ärgert.
Miéville erzählt eine kurze Geschichte, die jedoch so eine Intensität hat und dadurch ganz lange im Kopf bleibt. Auf dem Berg eines Brückendorfes, ganz abgeschieden, lebt ein kleiner Junge mit seiner Familie. Der Vater ist ein berühmter Schlüsselmacher, von dem man auch sagt, seine Schlüssel haben magische Kräfte und der kleine Junge bemerkt, all die Kunden die einmal bei ihm waren, kommen nie ein zweites Mal. Eines Tages wird er Zeuge eines Mordes, er flieht ins Dorf und erzählt den erschütterten Dorfbewohnern von seinem Erlebnis. Seine Mutter hat den Vater erstochen oder umgekehrt …?
Ich gebe zu, es ist ein düsteres Buch und nach dem Lesen behält man das Buch doch einige Zeit verschreckt in den Händen. Doch es ist ein so wichtiges Buch, denn es zeigt all jene dunklen Abgründe unserer Zeit.
Schließen möchte ich mit einem Zitat von »The Times« über den Autor: »Miévielle ist ein grandioser Geschichtenerzähler, der die Regeln seines Genres nur befolgt, damit er sie bricht.«
China Miéville – Dieser Volkszähler | Liebeskind Verlag | Euro 18,00
Mark Douglas-Home – Sea Detective: Ein Grab in den Wellen
Auftakt einer neuen schottischen Krimireihe mit Cal McGill, Meeresbiologe. Er versucht mit – in der Regel nicht legalen – Mitteln, per Computer Gegenstände zu verfolgen, um Umweltsünder zur Strecke zu bringen und als er erneut bei einer Aktion Grenzen überschreitet, wird er festgenommen.
Dabei stößt er auf Detective Helen Jamieson vom Morddezernat Edinburgh, die ihn festnehmen muss, was ihr jedoch gar nicht so ungelegen kommt. Denn sie steckt gerade in einem neuen Fall, zwei abgetrennte Füße wurden angespült. Die beiden recherchieren fortan gemeinsam an diesem Fall und stoßen unter anderem auch auf Menschenhandel und versuchen, das Leben einer jungen Inderin zu retten.
Gute, solide Kriminalliteratur, das können die Briten einfach. Interessante Hauptfiguren, sei es Cal oder eben auch die Detectives vom Morddezernat. Ich freue mich auf Band 2!
Mark Douglas-Home – Sea Detective: Ein Grab in den Wellen | Rowohlt Verlag | Euro 9,99
© Texte verfasst von Cornelia Hüppe
Die Autorin dieser Kolumne:
Cornelia Hüppe ist die Inhaberin der Berliner Krimibuchhandlung »Miss Marple«. Sie hat nach ihrer Ausbildung zur Buchhändlerin BWL studiert, 8 Jahre in dem neuen Beruf gearbeitet und fand es ganz scheußlich. Sie wollte »back to the roots« und eröffnete 2002 die »Miss Marple«.
Mh, “Das Walmesser” hab ich mal in einer Vorschau gesehn und dann nie wieder. Vielleicht sollte ich es mir doch mal genauer anschauen 🙂
An mir wäre es ohne Miss Marple auch völlig vorbeigegangen. Und Inseln geben ja gern spannende Schauplätze ab. Muss mal schauen, was die Lesezeit hergibt, habe mir eigentlich den Sea Detectice auf die Liste gesetzt. 😉
*schwupp* und schon hat Miss Marple ihren Beitrag erfüllt für diesen Monat 😛
Von wem ist das “Sea Detective” ?
Steht auch hier oben im Post, “Sea Detective” ist von Mark Douglas-Home. 🙂