Kriminell Gelesenes – Die Augustausgabe

Banner Kriminell Gelesenes Martin Krists Krimikritik

In seiner Kolumne »Kriminell Gelesenes«  stellt der Autor Martin Krist regelmäßig zum Monatsende seine aktuellen Lieblingsbücher vor – oder Bücher, die er lieber nicht gelesen hätte.

Dieses Mal mit dabei: Charlie Stella, Per Sander und Lucky Luke.


© Suhrkamp Verlag

Charlie Stella – Johnny Porno

Eigentlich ist John Albano ein guter Kerl. Eigentlich. Doch weil er als aufrechter Typ seinem Schinderboss eins auf die Nase gab, hat er seinen Job verloren. Außerdem hat er sich mit einem korrupten Cop angelegt. Jetzt muss er für die Cosa Nostra durch New York fahren und das Geld einsammeln, das der verbotene, aber höchst lukrative Pornofilm »Deep Throat« in illegalen Hinterzimmervorführungen einspielt.

Die Kohle, die er im Kofferraum bunkert, weckt die Begehrlichkeiten seiner gierigen Exfrau und ihrem noch gierigeren Liebhaber. Deren räuberischer Plan geht aber in die Hose, denn längst sind noch andere Gestalten hinter Johnny her: der rachsüchtige Cop, durchgeknallte Cosa-Nostra-Paten, deren schräge Killer, liebestolle Frauen.

Das alles erinnert an die frühen, großen Romane von Don Winslow, kurz bevor dieser dem belanglosen Mainstream verfiel – verwickelt, spannend, außerdem mit einem fortwährenden Augenzwinkern erzählt. Ganz klar: mein Sommerhighlight!

Charlie Stella – Johnny Porno | Suhrkamp Verlag | Euro 9,99

 

© Black Umbrella Publishing

Per Sander – Keine Leiche, kein Problem (Staffel 1)

Patrick hat ein Problem: Im Zimmer seiner Zwillingstöchter Emma und Paula liegt ihr Nachhilfelehrer, tödlich verunglückt beim Versuch, sie zu begrabschen. Zur gleichen Zeit erlebt Privatdetektivin Nergiz, wie ihr zahlungsunwilliger Kunde sich beim Treppensturz das Genick bricht. Spätnachts laufen sich Patrick und Nergiz über den Weg, als sie beide die Leichen im frischen Betonguß einer Duisburger Baustelle entsorgen wollen. Zwei Doofe, ein Gedanke.

Mehr als das, findet Nergiz, die sich eh nur mit Ach und Krach über Wasser halten kann. Sie wittert eine totsichere Geschäftsidee, denn keine Leiche, kein Problem. Wäre da nicht der, nun ja, sehr befremdliche Immo Menne, der mit einem Bikerboss noch eine Rechnung offen hat. Auf seinem Rachefeldzug schafft er nicht nur jede Menge Leichen, sondern auch Probleme.

Wenn man zu Beginn darüber hinwegsieht, dass der alleinerziehende Patrick beim Anblick einer Leiche im Zimmer seiner Tochter überraschend gleichgültig bleibt, und dass er ebenso ungerührt die Entsorgung beschließt, erlebt man im weiteren Verlauf von »Keine Leiche, kein Problem« einen Screwball-Krimi, in den sich außerdem wilde Biker, eine Bulldogge von Türsteher, eine geschäftstüchtige Bordellmutter und eine Vielzahl anderer, schräger Typen verirren. Sehr unterhaltsam!

Und das Beste: Die Geschichte geht weiter.

Per Sander – Keine Leiche, kein Problem | Black Umbrella Publishing | Euro 8,99

 

© Egmont Comic Collection

Matthieu Bonhomme – Der Mann, der Lucky Luke erschoss

»Lucky Luke ist für mich weit mehr als die von einem genialen Künstler ersonnene großartige Comicfigur«, spricht mir Autor und Zeichner Bonhomme in einem kurzen Vorwort aus der Seele. Und weiter: »Er ist ein Weggefährte, ein enger Freund seit meiner Kindheit.«

Vielen anderen Comicfreunden ergeht es ähnlich, weshalb sie erfreut zu Bonhommes Hommage greifen werden. Doch aufgepasst: Wer einen frankobelgischen Funny erwartet, wird enttäuscht. Stattdessen bekommt er einen in dichten, düster-atmosphärischen Bildern erzählten Graphic Novel-Western, in dem der Lonesome Cowboy in einem kleinen Dorf einen Postkutschenüberfall aufklären soll. Plötzlich sieht er sich nicht nur dem Sherriff, sondern auch einer herrschsüchtigen Großfamilie gegenüber, die die Dorfbewohner zum Lynchmob aufstacheln.

Keine Frage, »Der Mann, der Lucky Luke erschoss« ist anders, aber gerade deshalb umso gelungener. Und ganz nebenbei erfährt der Leser endlich, weshalb Lucky Luke mit dem Rauchen aufhören musste.

Im Februar erscheint eine weitere, laut Egmont eine von Guillaume Bouzards »skurril-überzeichnete« Lucky Luke-Hommage.

Matthieu Bonhomme – Der Mann, der Lucky Luke erschoss | Egmont Comic Collection| Euro 15,00

 

© Texte verfasst von Martin Krist


Autor Martin Krist schwarz/weiß

Der Autor dieser Kolumne:

Martin Krist, geboren 1971, lebt als Schriftsteller in Berlin. Er arbeitete viele Jahre als leitender Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften. Seit 1997 ist er als Schriftsteller tätig. Nach mehr als 30 Sachbüchern, darunter die Biografie über die Hamburger Kiez-Ikone Tattoo-Theo, die Punk-Diva Nina Hagen, den Rap-Rüpel Sido und die Grunge-Ikone Kurt Cobain, schreibt er seit 2005 Krimis und Thriller.

www.martin-krist.de

 

 

2 Kommentare zu “Kriminell Gelesenes – Die Augustausgabe

  • 30. August 2016 at 18:34
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    Na das macht doch noch mehr Lust auf “Johnny Porno”. Gut, dass wir das für unsere Leserunde gewählt haben. 😊

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