Wallace Stroby – Fast ein guter Plan

Fast schade, dass es zu Kriminalromanen so selten Merchandise gibt. Ich wäre die erste, die ein Crissa-Stone-Shirt tragen würde. Ich weiß schon, ein Markt für kriminalliterarische Fanartikel existiert quasi nicht. Die Schnittmenge von Menschen, die Fanartikel kaufen und Menschen, die Hardboiled-Krimis lesen, geht vermutlich gegen Null.

Aber ich sage ja nur, ich würde es tragen. Ein Stoffbeutel wäre auch ok, denke ich. Stoffbeutel sind dieser Tage der neueste Shit. Und auch für kleidungstechnisch eher zurückhaltende Menschen eine Option, nehme ich an.

 

Quereinstieg möglich!

Egal. Widmen wir uns dem Gegenstand meiner Überlegung, wieder wie mit 16 Jahren Fanshirts zu tragen: Crissa Stone. Profiräuberin und Berufskriminelle. Eiwei, was bin ich verknallt in die Romane, die Autor Wallace Stroby um diese Frau schreibt. Der mittlerweile dritte Band der Reihe liegt seit Ende Januar in der deutschen Übersetzung von Alf Mayer im Pendragon Verlag vor und lässt sich tatsächlich auch ganz wunderbar als Quereinstieg in die Serie nutzen.

Für mich stellt »Fast ein guter Plan« auch den bisherigen Favoriten der Reihe, wobei ich schon vom Auftakt »Kalter Schuss ins Herz« völligst hin und weg war und man auch mit dem Zweitling »Geld ist nicht genug« nichts einbüßt.

 

Business as usual

In ihrem dritten Roman also beginnt es für Crissa Stone erstmal wie gewohnt. Ein neuer Raubzug steht an. Crissa reist zu einem Treffen mit potentiellen Partnern für einen potentiellen Job nach Detroit. Drogengeld, das dort quasi auf der Straße liegt, wollen sie abfangen. Wie üblich prüft Crissa vorher alles ganz genau. Schaut sich die örtlichen Begebenheiten an, geht alle Eventualitäten durch, kalkuliert die Risiken. Wenn alles passt, sagt sie zu.

Wie immer wird es einen Typen im Team geben, der Ärger macht. Wie immer läuft es an einem Punkt anders als geplant. Wie immer eskaliert die Sache irgendwann völlig. Alles wie immer also? Ja, und man kann Wallace Stroby, wenn man sonst nichts besseres zu tun hat, durchaus vorwerfen, dass sein dritter Crissa-Stone-Roman eine gewisse Regelmäßigkeit in seinem Aufbau erkennen lässt.

Aber ganz ehrlich? Drauf gehustet! Wenn ich einen Bäcker gefunden habe, der die perfekten Knusperbrötchen backt, werde ich auch nicht hingehen und ihm sagen, er möge doch bitte etwas an den Zutaten ändern, seine Brötchen wären zwar geil, aber immer gleich geil, und das ist ja doof, wenn ich bei jedem Einkauf weiß, dass mir die Brötchen fantastisch schmecken werden.

 

Never change a winning team

Ich entgleise, entschuldigt. Worauf ich hinaus will, ist bei diesem unkreativen Vergleich aber offensichtlich: Never change a winning team. Und Wallace Stroby und Crissa Stone sind für mich so ein Gewinnerteam. Goldmedaillengewinnerteammäßig. Wobei ich absolut überzeugt davon bin, dass Wallace Stroby, würde er etwas an den Zutaten seiner Romane ändern, immer noch großartige Kriminalromane schreiben würde.

Zurück zu »Fast ein guter Plan«. Also wir haben einen Raubüberfall in Detroit auf Drogengeld, dessen Verlust zwar niemand der Polizei melden kann, dessen Abwesenheit Drogenboss Marquis aber angemessen frustriert. Der setzt seine Männer darauf an, herauszufinden, wer ihn bestohlen hat. Und holt sich zusätzliche Verstärkung in Form eines Ex-Cops, der schon immer gern die Hand aufgehalten und keinerlei Skrupel hat, wenn es darum geht, an Bargeld zu kommen.

Außerdem taucht im weiteren Verlauf der Geschichte noch ein drogenabhängiges White-Trash-Pärchen mit Geldproblemen und einer kleinen Tochter auf, was dem Plot noch einen zusätzlichen Drall gibt.

 

Böse, böse

Wallace Stroby hat ein Händchen für Bösewichte. Er stellt Crissa Stone zumeist Gegner ins Feld, die einen schönen moralfreien Kontrast zu ihr bilden. So auch im vorliegenden Roman der Ex-Cop Frank Burke, ein ebenbürtiger Widersacher, der sich nur am ganz anderen Ende des moralischen Spektrums befindet.

Zudem bringt Wallace Stroby über seine Figuren noch eine zutiefst menschliche Komponente mit ins Spiel und färbt die Handlung auf eine sehr sympathische Art emotional ein. Das könnte in Klischeekitsch abrutschen, tut es aber nicht. Es macht nur ein, zwei Mal Herzklopfen, aber kein rosiges, eher so ein warmoranges.

 

Kein Chichi

Was ich an dem Roman wieder sehr mag, ist seine geradlinige Art. Die ist zum Niederknien schön. Es gibt absolut nichts überflüssiges in dieser Geschichte. Es wird einfach Satz auf Satz eine Geschichte erzählt, ohne dass sie flach oder geistlos wirkt. Wenn man das richtig macht, ist alles da. Und Wallace Stroby macht das für mein Empfinden total richtig.

Außerdem schlägt mein Herz für die Figur Crissa Stone. Gleich neben Simone Buchholz’ Chastity Riley ist Crissa Stone eine meiner absolut liebsten Serienfiguren in der aktuellen Kriminalliteratur. Crissa ist auf eine nahbare und ehrliche Art tough, mutig, standhaft. Sie ist eine Diebin, eine Mörderin, eine Betrügerin, eine Kriminelle, die Wallace Stroby so entworfen hat, dass man ihr ohne weiteres das eigene Leben anvertrauen würde. Verrückte Sache.

 

Fazit: Die einzige, die wahre, die wunderbare Crissa Stone und ihr Schöpfer Wallace Stroby gehören in die Hall of Fame, in die Ruhmeshalle meiner persönlichen kriminalliterarischen Exzellenzen und bevor der Thesaurus brüllt, höre ich lieber auf nach weiteren Superlativen für die ganz große Begeisterung zu kramen und freue mich leise weiter über diese Romane.

 

In Zahlen: Stil: 4/5 | Idee: 4/5 | Umsetzung: 5/5 | Figuren: 5/5 | Plot-Entwicklung: 5/5 | Tempo: 5/5 | Tiefe: 4/5 | Komplexität: 4/5 | Lesespaß: 5/5

 


© Pendragon Verlag
Wallace Stroby – Fast ein guter Plan

Originalausgabe »Shoot the woman first« (2013)

übersetzt aus dem Amerikanischen von Alf Mayer

Februar 2018 bei Pendragon

Klappenbroschur | 312 Seiten | 17,00 EUR

Genre: Hardboiled

Reihe: Crissa Stone #3

Schauplatz: Detroit, USA

 

 

Weitere Besprechungen zu Romanen von Wallace Stroby auf diesem Blog:

Wallace Stroby – Kalter Schuss ins Herz (Crissa Stone #1)

 

Weitere Besprechungen zu »Fast ein guter Plan« u.a. bei:

Die dunklen Felle: »Crissa Stone ist eine Hauptfigur, die ihresgleichen sucht. Sie ist einfach klasse, richtig dufte, sie könnte auch einem Affen Bananen klauen und es wäre trotzdem ein Erlebnis.«

Crime Alley: »… wie in einem Drehbuch lediglich Bilder wirken lässt und durch scharf gezeichnete Charakterisierungen die Figuren zum Leben erweckt, …«

 

6 Kommentare zu “Wallace Stroby – Fast ein guter Plan

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